
Ruski prozor
In seinem Roman „Russisches Fenster“ erschafft Dragan Velikić einen dreiteiligen „Omnibus-Roman“ über Exil, Identitätsfragen und die Vergänglichkeit des Lebens. Das erste Kapitel wird von Danijel erzählt, einem alternden Dirigenten, der introspektiv sein eigenes Schicksal hinterfragt; das zweite Kapitel bildet den Kern der Erzählung und folgt Rudi Stupar, einem aus der Vojvodina stammenden, ahnungslosen Schauspieler, der im Chaos der 1990er Jahre aus Belgrad flieht und durch Budapest, Hamburg und andere europäische Zentren reist. Der letzte, dritte Teil besteht aus einer Reihe kurzer Bekenntnisse anderer Figuren, die Rudis Leben kommentieren und ihn in einem anderen Licht erscheinen lassen.
Durch eine komplexe Erzählstruktur – fragmentarische Erinnerungen und asymmetrische Erzähleinheiten – schafft Velikić eine Atmosphäre melancholischer Reflexion, wobei „Russisches Fenster“ eine „Fotografie“ darstellt: einen kleinen Lebensbericht, einen Querschnitt innerer Sehnsüchte und Erinnerungen. Der Stil ist raffiniert und präzise, oft poetisch, sodass die Prosa zwischen intellektuellem Essay und intimem Bekenntnis balanciert. Die Themen berühren das Exil, die Suche nach einer spirituellen Heimat und die Herstellung eines Gleichgewichts zwischen persönlichem Schicksal und der größeren historischen Dynamik. Während seines wandelnden Lebens trägt Rudi die Last der Nostalgie und des Scheiterns mit sich, zugleich aber auch mit Humor und Selbstironie als Widerstand gegen sein kleinbürgerliches Schicksal.
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