
Nezemaljski izraz njegovih ruku
Der Roman und seine Vorbereitung, eine Mischung aus Fiktion, Dokumenten, Traktaten und Essays, untersucht das Attentat von Sarajevo 1914 unvoreingenommen. Die Ermordung Franz Ferdinands war eine Folge der Wiener Modernisierungsmission in Bosnien.
Im Sommer 1914 drückte der junge Gavrilo Princip auf der Latinica in Sarajevo ab und ermordete den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand – ein Akt, der den Ersten Weltkrieg auslöste und Wunden aufriss, die bis heute in unserem kollektiven Gedächtnis bluten. Miljenko Jergović schreibt keine gewöhnliche Geschichte; es ist eine Mischung aus Fiktion, Dokumenten, Abhandlungen und Essays – eine Vorstudie zu einem größeren Roman und zugleich eine tiefgründige Meditation über das Attentat ohne ideologische Vorurteile, in der „wir“ und „sie“ in der Komplexität menschlichen Daseins verschwimmen.
Jergović führt uns ins Zentrum des Geschehens, nicht chronologisch, sondern durch ein Labyrinth von Perspektiven: Princip, Čabrinović und die anderen Attentäter sind keine Fanatiker, sondern Kinder ihrer Zeit – junge Männer, die in Romane des 19. Jahrhunderts, Whitmans Gedichte über die Freiheit, russische Anarchisten und die Wiener Zeitungen eintauchten, welche sie „bildeten“ und ihnen Illusionen von einer besseren Welt vermittelten. Die Wiener Modernisierungsmission in Bosnien mit Straßenbahnen, Schulen und Cafés hat den Balkan europäischer denn je gemacht – näher an Wien, Berlin und Paris als an den Osten. Das Attentat ist nicht nur ein Mord; es ist der Höhepunkt dieser Spannung, in der die europäische Zivilisation mit ihren Schattenseiten kollidiert und Sarajevo zum Epizentrum nicht nur des Krieges, sondern auch unserer eigenen Spaltung wird.
Der Roman gliedert sich in zwei Hauptteile: „Das Attentat“ erweckt Figuren und Ereignisse durch fiktive Erzählungen zum Leben und spekuliert über alternative Geschichtsverläufe – was wäre gewesen, wenn Princip sein Ziel verfehlt hätte? Was wäre gewesen, wenn Franjos Tod Millionen von Leben gerettet hätte? Diese Hypothesen sind nicht spielerisch gemeint; sie enthüllen die Tiefe der Realität und verwandeln trockene Fakten in eine emotionale Saga von Jugend, Angst und Hoffnung. Der zweite Teil, der dokumentarische, porträtiert Princip und seine Zeitgenossen anhand von Briefen, Zeugenaussagen und Fragmenten – seine Hände, der „unirdische Ausdruck“ des Titels, werden zum Symbol dieser Spannung zwischen Mensch und Geschichte, Sünde und Heldentum.
Jergović verurteilt nicht und feiert nicht; er heilt, er lässt uns das Attentat als Spiegel unseres Erbes sehen – der Modernisierung, die Gewalt mit sich bringt, der europäischen Träume, die an der Realität des Balkans zerbrechen. In einer Zeit des Nationalismus und der Kriegserinnerungen wirkt dieses Werk heilend: Es erinnert uns daran, dass wir alle Erben jenes Sommers sind, in dem der Schuss nicht nur im Krieg, sondern auch in unseren Seelen fiel.
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